Kommunaler Finanzausgleich 2012

Finanzen
26 Okt
Mittwoch, 26. Oktober 2011
Nach der Gutachteranhörung vom 10. August 2011: In einem ersten Schritt muss 2012 der 350-Mio.-Euro-Entzug vom Tisch.

Am 10. August 2011 hat der vom Landtag beauftragte Gutachter den hessischen Kommunen bescheinigt, dass sie nicht – wie die Gutachter des Landes festgestellt hatten – mit 700 Mio. Euro über-, sondern mit mindestens 400 Mio. Euro bis zu einer Milliarde Euro unterfinanziert sind.

Daher muss der Landtag nach Ansicht des Hessischen Städtetages den strukturellen Entzug aus dem Finanzausgleichsänderungsgesetz 2011 in Höhe von rund 350 Mio. Euro spätestens nach der Gutachteranhörung vom 10. August 2011 zurücknehmen und im Haushalt 2012 nicht erneut verankern.

Die Landtagskoalition ist dringend aufgefordert, ihre Einschätzung über eine vorgebliche Überfinanzierung der Kommunen aus dem vergangenen Jahr zu revidieren.  

Neuer Entzug im kommunalen Finanzausgleich 2012: mindestens 20 Mio. Euro

Im Wesentlichen will das Land drei Änderungen:

  • den neuerlichen Entzug von Finanzmitteln in großer Höhe – dieses Mal 20 Mio. Euro,
  • eine einmalige Zahlung im Zusammenhang mit der Heimerziehung bis 1975 in Höhe von 1,85 Mio. Euro,
  • eine neue Struktur der Theaterfinanzierung.  


Über den im Jahr 2011 vorgenommenen Entzug hinaus beabsichtigt das Land Hessen einen erneuten Entzug von 20 Mio. Euro. Hierzu und zu weiteren Änderungsvorstellungen hat der Finanzausschuss des Hessischen Städtetages beschlossen:

  • Der Hessische Städtetag fordert das Land dringend auf, den neuerlichen Entzug aus dem KFA in Höhe von 20 Mio. Euro im Zusammenhang mit einer Zuweisungsänderung bei den Verkehrsverbünden zu unterlassen. Das Land hat nicht einmal versucht, für diese Entnahme eine nur halbwegs schlüssige Begründung aufzubieten.
  • Der Hessische Städtetag hält die Entnahme zugunsten des Vorschlages des "runden Tisches Heimerziehung" nur unter Bedingungen und nicht ohne Weiteres in der vom Land vorgesehenen Höhe für akzeptabel.
  • Der Hessische Städtetag wehrt sich dagegen, dass das Land sich im Zuge einer Finanzreform der hessischen Theater zugleich selbst zu Lasten der Kommunen  finanziell besser stellen will.  


Neuerlicher Entzug: Das Land streicht 20 Mio. Euro an allgemeinen Finanzzuweisungen für eigene Zwecke ein


Statt den Kommunen die 350 Mio. Euro aus dem Jahr 2011 wieder zurückzugeben, will der Finanzminister den Kommunen immer noch mehr Geld entziehen: Diesmal sind es "nur" 20 Mio. Euro, die das Land den Kommunen wegnimmt (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Änderung FAG Hessen). Im kommunalen Finanzausgleich will das Finanzministerium die Zuweisungen aus kommunalem Geld an die hessischen Verkehrsverbünde von 120.650 Euro im Jahr 2011 um 20 Mio. Euro auf 100.650 Euro ab 2012 kürzen. Die Folge davon wäre nach den Regeln des Finanzausgleichsgesetzes, dass der Rückgang bei den besonderen Finanzzuweisungen ohne Weiteres den allgemeinen Finanzzuweisungen, also insbesondere den Schlüsselzuweisungen zugute kommt (sog. "Entfrachtung").

Genau diese Regel will das Land nun offenkundig brechen. Es will erspartes kommunales Geld aus dem Finanzausgleich nicht den Kommunen zugute kommen lassen, sondern es dem Landeshaushalt überweisen. Ein einmaliger und im Finanzausgleichsgesetz nicht vorgesehener Vorgang.

Der Hessische Städtetag fordert das Land dringend auf, diesen neuerlichen Entzug aus dem KFA im Zusammenhang mit einer Zuweisungsänderung bei den Verkehrsverbünden zu unterlassen. Das Land hat nicht einmal versucht, für diese Entnahme eine nur halbwegs schlüssige Begründung aufzubieten.

§ 26 Abs. 1 Satz 1 FAG – Beteiligung der Stadt Marburg am sog. "Theaterlastenausgleich"; nicht akzeptabel: Kommunales Geld für Landesfinanzierung der Theater

Das zuständige Ministerium für Wissenschaft und Kunst hat ein Konzept für die Theaterfinanzierung aus dem KFA vorgelegt, das im Wesentlichen zwei Komponenten beinhaltet:

  • Abkehr von der bisherigen Finanzierungsquote von 52 Prozent zu 48 Prozent Land zu Sitzstadtkommune bei der Theaterfinanzierung. Künftig sollen Kostensteigerungen (Tariferhöhungen und Bauunterhaltung) von Sitzstädten und Land zu 33 Prozent übernommen und ein weiteres Drittel aus KFA-Mitteln geleistet werden.
  • Beteiligung der Stadt Marburg analog der bisherigen Quote der Staatstheater mit dem Ziel einer Verbesserung des Anteils, umgekehrt in Gießen eine Reduktion auf die Höhe der Staatstheaterquote.  


Der Hessische Städtetag wehrt sich dagegen, dass das Land sich zu einem Teil seiner Pflicht entziehen will, die hessischen Theater mit einem Landesanteil von 52 Prozent aller anfallenden Aufwendungen mit zu finanzieren. Im Übrigen ist über die Vorstellung des zuständigen Ministeriums zu diskutieren.
Die Aufnahme der Stadt Marburg in den "Theaterlastenausgleich" (§ 26 Abs. 1 Satz 1 FAG) unterstützt der Städtetag.    

Es gibt kein Allzeithoch im kommunalen Finanzausgleich  
Finanzminister Dr. Schäfer malt die kommunalen Finanzen in rosaroten Farben aus und spricht von einem „Allzeithoch“ im kommunalen Finanzausgleich. Der Hessische Städtetag hält mit Fakten dagegen. Schaut man, was die Kommunen insgesamt vom Land bekommen, stehen sie immer noch schlechter als Ende letzten Jahrzehnts.  

Kein „Allzeithoch“ im kommunalen Finanzausgleich 2012  
Wenn es um kommunale Finanzen geht, sieht Minister Dr. Schäfer immer alles in rosigen Farben. So spricht er von einem „Allzeithoch“ im hessischen kommunalen Finanzausgleich.
Wir stellen fest: Dieses „Allzeithoch“ im kommunalen Finanzausgleich 2012 gibt es nicht.  

Bei seiner Berechnung des „Allzeithochs“ greift der Minister zu einem sehr formalen Vergleich für die Zeit bis zum Jahr 2010 und übergeht die von seinem Haus selbst gesetzten Veränderungen ab dem Jahr 2011.

  • Denn ab 2011 fehlt den Kommunen die Grunderwerbssteuer.
  • Gleichzeitig haben die Kommunen selbst ab 2010 die Zinsdienstumlage und ab 2011 die Kompensationsumlage „in die Finanzausgleichsmasse“ einzuzahlen.  

Der Minister kann den Kommunen nicht ihre eigenen Umlagezahlungen als Leistungen des Landes anrechnen.  

Wir setzen unsere Lesart der Entwicklung der kommunalen Finanzzuweisungen gegen die des Finanzministers. Dies zeigt das folgende Diagramm.



Nach seiner formalen Lesart (Linie) kommt das Finanzministerium in der Tat zu einem „Allzeithoch“ in den kommunalen Finanzzuweisungen. Denn es berücksichtigt nicht, dass bis zum Ende des letzten Jahrzehnts den Kommunen die Grunderwerbssteuer zustand. Das Ministerium bleibt somit in den Jahren 2007 bis 2009 bei nur gut 3,2 Mrd. Euro Finanzzuweisungen stehen. Dann aber rechnet es ab Beginn dieses Jahrzehnts die kommunalen Leistungen Kompensationsumlage und Zinsdienstumlage der Finanzausgleichsmasse zu: Damit schwingen die Finanzzuweisungen ab 2012 deutlich über die Zuweisungen von Ende letzten Jahrzehnts hinweg.

Nach der Lesart des Hessischen Städtetages, der die Grunderwerbssteuerzuweisungen bis 2010 einrechnet und die kommunalen Umlagen nicht als Leistung des Landes wertet (Säulen), dauert es noch bis zum Jahr 2014, bis sich die Säule der kommunalen Zuweisungen über die Jahre 2007 bis 2009 erhebt. Dies noch, obwohl auch der Hessische Städtetag die offiziell gültige, äußerst optimistische Steuerschätzung zugrunde gelegt hat, die weder Euro-Krise noch Steuersenkungen im Kalkül hat.   

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