Bundesverfassungsgericht: Ungleichbehandlung von eingetragener Lebenspartnerschaft und Ehe verfassungswidrig

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Recht, Personal und Ordnung
17 Sep
Montag, 17. September 2012
Das Bundesverfassungsgericht hat die Ungleichbehandlung von eingetragener Lebenspartnerschaft und Ehe erneut für verfassungswidrig erklärt.

Mit Beschluss vom 19. Juni 2012 (Az. 2 BvR 1397/09) hatte das Bundesverfassungsgericht über den beamtenrechtlichen Familienzuschlag zu entscheiden und stellte fest, dass eine Ungleichbehandlung beim beamtenrechtlichen Familienzuschlag mit dem Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 GG nicht vereinbar ist.

Dem Verfahren liegt die Verfassungsbeschwerde eines seit dem Jahre 2002 in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebenden Bundesbeamten zugrunde, dessen Antrag auf Zahlung des Familienzuschlages im Jahre 2003 abgelehnt wurde. Da während des Verfahrens die Ungleichbehandlung von Ehe und Lebenspartnerschaft im Bundesbesoldungsrecht rückwirkend zum 1. Januar 2009 beseitigt worden ist, hatte das Bundesverfassungsgericht nur noch über die Verfassungsmäßigkeit der bis zu diesem Zeitpunkt bestehenden Rechtslage zu befinden.

Dem Beschluss lagen folgende Erwägungen zugrunde:

  1. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln sowie wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Verboten ist daher auch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen Personenkreis aber vorenthalten wird. Im Fall der Ungleichbehandlung von Personengruppen besteht regelmäßig eine strenge Bindung des Gesetzgebers an die Erfordernisse des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes; dies gilt auch dann, wenn eine Ungleichbehandlung von Sachverhalten (nur) mittelbar eine Ungleichbehandlung von Personengruppen bewirkt. Das Grundgesetz stellt in Art. 6 Abs. 1 Ehe und Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. Wegen des verfassungsrechtlichen Schutz- und Förderauftrages ist der Gesetzgeber grundsätzlich berechtigt, die Ehe als rechtlich verbindliche und in besonderer Weise mit gegenseitigen Einstandspflichten (etwa bei Krankheit oder Mittellosigkeit) ausgestattete dauerhafte Paarbeziehung gegenüber anderen Lebensformen zu begünstigen. Die Wertentscheidung des Art. 6 Abs. 1 GG bildet einen sachlichen Differenzierungsgrund, der in erster Linie zur Rechtfertigung einer Besserstellung der Ehe gegenüber anderen, durch ein geringeres Maß an wechselseitiger Pflichtbindung geprägten Lebensgemeinschaften geeignet ist. Geht die Privilegierung der Ehe mit einer Benachteiligung anderer, in vergleichbarer Weise rechtlich verbindlich verfasster Lebensformen einher, obgleich diese nach dem geregelten Lebenssachverhalt und den mit der Normierung verfolgten Zwecken vergleichbar sind, rechtfertigt der bloße Verweis auf das Schutzgebot der Ehe eine solche Differenzierung indes nicht.
  2. Allein der besondere Schutz der Ehe in Art. 6 Abs. 1 GG vermag die Ungleichbehandlung von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft nicht zu rechtfertigen. Es fehlt auch an weiteren sachlichen Gründen für die Rechtfertigung der Besserstellung verheirateter Beamter. In den Grundstrukturen der familienrechtlichen Institute der Ehe und der Lebenspartnerschaft bestehen bereits seit Einführung der Lebenspartnerschaft im Jahr 2001 nur wenige Unterschiede. Insbesondere sind der Grad der rechtlichen Bindung und die gegenseitigen Einstandspflichten bereits seit dem Lebenspartnerschaftsgesetz des Jahres 2001 in Ehe und Lebenspartnerschaft weitgehend angeglichen. Tragfähige sachliche Gründe für die Rechtfertigung der Ungleichbehandlung von verheirateten und in eingetragener Lebenspartnerschaft lebenden Beamten ergeben sich nicht aus dem Normzweck des § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG. Dem ehegattenbezogenen Teil des Familienzuschlags kommt eine „soziale, nämlich familienbezogene Ausgleichsfunktion“ zu, mit der im Interesse der Funktionsfähigkeit des Berufsbeamten- und Richtertums zur Unabhängigkeit auch des verheirateten Bediensteten beigetragen werden soll.


Der Gesetzgeber ist verpflichtet, den festgestellten Verfassungsverstoß für die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebenden Beamten, die ihren Anspruch auf Auszahlung des Familienzuschlags zeitnah geltend gemacht haben, rückwirkend zum Zeitpunkt der Einführung des Instituts der eingetragenen Lebenspartnerschaft mit Wirkung zum 1. August 2001 zu beseitigen. Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts beschränkt sich die rückwirkende Heilung des Verfassungsverstoßes deswegen auf diejenigen Beamten, die den ihnen zustehenden Alimentationsanspruch zeitnah, also während des jeweils laufenden Haushaltsjahres gerichtlich geltend gemacht haben, ohne dass über ihren Anspruch schon abschließend entschieden worden wäre.


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