Städte wollen Landesbeamte nicht mitfinanzieren

Kampf ums Geld - Bild: rudall30, Fotolia

Finanzen
16 Mai
Mittwoch, 16. Mai 2012
In den Gutachterstreit um den 350-Mio.-Euro-Entzug des Landes zu Lasten seiner Kommunen hat der Hessische Städtetag mit einer 30-Seiten-Stellungnahme eingegriffen. Im zuständigen Haushaltsausschuss des Hessischen Landtags kam es zu einer munteren Diskussion.

Anfang Mai kam es zum zweiten Mal nach Oktober 2011 vor dem Haushaltsausschuss des Hessischen Landtags zum großen Gutachterstreit.

Bekanntlich haben die beiden hessischen Professoren Zimmermann und Scherf mit ihren Gutachten begründet, das Land hätte seinen Kommunen nicht nur 350 Mio. Euro entziehen dürfen, sondern gleich jedes Jahr 700 Mio. Euro.

Der Hessische Städtetag hatte zur Ausschusssitzung mit einer eigenen 30-Seiten-Stellungnahme auf die Schwächen des Professorenmodells hingewiesen. Denn nach dem gutachterlichen „Kommunalisierungsgrad“ würde gelten: „Wer spart, wird bestraft, wer viel ausgibt, wird belohnt.“

Das Modell der Professoren ist sehr einfach: Sie rechnen, wie viel das Land ausgibt und wie viel die Kommunen ausgeben, und bilden eine Summe der Ausgaben. Den Anteil der Kommunen an dieser Summe nennen sie „Kommunalisierungsgrad“. Nach dieser Prozentzahl richten sich nach Gutachtermeinung die Einnahmen: Geben die Kommunen beispielsweise 40 Prozent der Summe von Land und Kommunen aus – Kommunalisierungsgrad also gleich 40 –, so stehen ihnen auch 40 Prozent der Erträge zu. die Land und Kommunen gemeinsam einnehmen.

Im Grunde dürfte man froh darüber sein, dass Professoren ein so unkompliziertes Rechenwerk entfalten. Doch es hat einen Haken: Je mehr eine Ebene, Land oder Kommunen, ausgibt, desto mehr Einnahmen darf sie beanspruchen. Kümmert sie sich intensiv um eigene Einnahmen, profitiert die andere politische Ebene davon.

Zu absurden Ergebnissen würde dieses Modell beim Entschuldungsfonds („Schutzschirm“) führen: Beispiel: Die „Schutzschirmkommunen“ würden bei einem Kommunalisierungsgrad von 50 den Konsolidierungsauflagen des Landes folgend ihre Haushalte mit 244 Mio. Euro jährlich konsolidieren – durch höhere Einnahmen und niedrigere Ausgaben. Dann hätte das Land nach dem Professorenmodell selbst die Hälfte davon, also 122 Mio. Euro verdient. Da dieser Betrag ziemlich genau der Jahresleistung des Landes entspricht, würden die Kommunen nach dem Modell Kommunalisierungsgrad die Mittel für den Entschuldungsfonds anstelle des Landes selbst berappen!

Ein weiteres unzuträgliches Ergebnis des Professorenmodells. Über viele Jahrzehnte hat das Land Hessen – wie auch die anderen westdeutschen Länder – munter Beamte eingestellt, ohne für deren Pension vorzusorgen. Jetzt kämpft das Land gegen jährlich lawinenartig anwachsende Ausgaben für seine Pensionäre. Nach dem Modell „Kommunalisierungsgrad“ müssten die hessischen Kommunen für die Versäumnisse des Landes aufkommen und die Beamtenpensionen mitfinanzieren (auf dieses Problem der gerechten Finanzverantwortung bei den Beamtenpensionen hat Prof. Junkernheinrich aus Kaiserslautern hingewiesen, den der Haushaltsausschuss des Hessischen Landtags im Streit der Gutachter zu Rate gezogen hat).

Erstaunlich genug: Die Gutachter wehrten sich in der Anhörung gar nicht gegen die Berechnungen des Städtetages. Sie machten nur deutlich, dass das Prinzip grundsätzlich in beide Richtungen gelte, also auch das Land unter Mehrausgaben der Kommunen leide. Dies ist eine ohnehin unstrittige Feststellung, die den Webfehler des Modells „Kommunalisierungsgrad“ eher bestätigt als infrage stellt.

Die Landtagsabgeordneten reagierten in der Anhörung teilweise mit dem Wunsch, der Hessische Städtetag möge an der Stelle des Modells „Kommunalisierungsgrad“ ein eigenes Alternativmodell vorschlagen.

Der Hessische Städtetag beruft sich nach wie vor auf die Hessische Verfassung (Art. 137 Abs. 5). Dort steht, dass den Kommunen zur Erfüllung ihrer Aufgaben eine angemessene Finanzausstattung zu gewähren ist. Diese ist Maßstab für die Finanzverteilung zwischen Land und Kommunen, nicht eine auf Quoten beruhende „quotenbasierte“ Finanzmittelverteilung, wie sie zum Beispiel der „Kommunalisierungsgrad“ darstellt.

Der Streit um die richtige Bewertung der Gutachten ist nicht abgeschlossen. Zu hoffen ist, dass die streitenden Gutachter wenigstens gemeinsam die Grundlage ihrer Daten klären. Denn bisher gibt es nicht einmal darüber Gewissheit...

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