Zum Entschuldungsfonds der Hessischen Landesregierung: Arbeitsgruppe Schutzschirm am 27.10.2010 gegründet

Finanzen
28 Okt
Donnerstag, 28. Oktober 2010

In seiner ersten Regierungserklärung in neuer Funktion hat Ministerpräsident Bouffier seine Idee vermittelt, die hessischen Kommunen durch einen 3-Milliarden-Entschuldungsfonds zu entlasten. Am 27.10.2010 hat das Finanzministerium seine Vorstellungen dazu den Kommunen näher erläutert.

Die Arbeitsgruppe soll ihre Arbeit bis Ende April 2011 abschließen, der Rettungsschirm zum 1.1.2012 starten.

 Am 27.10.2010 hat das Finanzministerium seine Vorstellungen zur Ausgestaltung des 3-Miliarden-Entschuldungsfonds unterbreitet. Die Einzelheiten finden Sie in einer Präsentation des Ministeriums.   

I. 
Ziel des Ministeriums ist, den Schutzschirm zum 1.1.2012 zu starten. Die neu gegründete Arbeitsgruppe soll die wesentlichen Konditionen für den Schutzschirm in einem 8-Punkte-Programm erarbeiten.   Die nächste Sitzung ist für 1.12.2010 anberaumt. Die Arbeitsgruppe soll ihre Aufgabe bis Ende April 2011 erledigt haben, damit mit dem Monat Mai 2011 die Umsetzungsphase starten kann.   

II. 
Das Ministerium ist offen für die Frage, welche Art Schulden der Fonds ablösen helfen soll. In Betracht kommen aus seiner Sicht sowohl Verbindlichkeiten aus Kassenkrediten als auch Verbindlichkeiten zur Vermögensfinanzierung.   

III. 
Die Vertreter des Ministeriums bekräftigten, dass das Land den Entschuldungsfonds in seiner Höhe bis zu drei Milliarden aus originären Landesmitteln tilgen will. Wie die Zinsen finanziert werden sollen, steht noch unbeantwortet. Die Frage danach, ob es nicht sinnvoller sei, mit den originären Landesmittel den Kommunalen Finanzausgleich zu speisen, ließen die Vertreter des Ministeriums offen.   

IV. 
Das Ministerium ist der Ansicht, dass die hessischen Kommunen in einem hohen Maß ihre Haushaltsdefizite selbst steuern können. Dies schließen sie daraus, dass die kommunalen Defizite unterschiedlich hoch sind, gleichzeitig aber eine erkennbare Struktur nicht zu erkennen ist. So gebe es hoch defizitäre Kommunen auch im Rhein-Main-Gebiet und Kommunen mit unterdurchschnittlichem Defizit in Nord- und Mittelhessen. Angesagt sei ein „Lernen von der Praxis der Besten“.   Der Städtetag weist eindringlich darauf hingewiesen, dass die Kommunen in einem außerordentlich hohen Anteil nicht steuerbare Aufwendungen verkraften müssen. Um das Übel bei der Wurzel zu packen, müssten Land und Kommunen die nicht steuerbaren Aufwendungen identifizieren und zur besseren Einordnung bundesweit vergleichen.   Der Hessische Städtetag hat seinen Mitgliedern einen kleinen Fragenkatalog vorgelegt, um deren Einschätzung bis zur kommenden Sitzung der Arbeitsgruppe zu erfahren.

Am 19. Oktober haben wir geschrieben:
Am 27. Oktober wird es konkret: Rettungsschirm für die Kommunen – Entschuldungsfonds


Für den 27. Oktober 2010 hat das Finanzministerium die Arbeitsgruppe aus Landes- und Kommunalvertretern zur Besprechung über den Entschuldungsfonds eingeladen.
Der Hessische Städtetag äußert sich differenziert und angesichts der noch vielen Unbekannten in der Rechnung abwartend zum Schutzschirm.
Bekanntlich hat Ministerpräsident Bouffier in seiner ersten Regierungserklärung angekündigt, einen Entschuldungsfonds als einen „Rettungsschirm für die Kommunen“ spannen zu wollen. 

Position des Hessischen Städtetages

Präsidium und Hauptausschuss des Hessischen Städtetages haben in ihrer Sitzung am 30. September 2010 zum Entschuldungsfonds wie folgt beschlossen:

  • Der Hessische Städtetag sieht in dem Entschuldungsfonds ein geeignetes Mittel, aufgelaufene Altschulden der hessischen Städte zu bereinigen. Wichtig wird es sein, dass das Land sich selbst erheblich finanziell engagiert, keine Mittel aus dem Kommunalen Finanzausgleich oder andere Zuweisungen an die Kommunen gekürzt, verlässliche und gerechte Auswahlkriterien gefunden und vor allem Wege gesichert werden, ein strukturelles Defizit der Gemeinden in Zukunft zu verhindern. Ein strukturelles Defizit ist nur zu vermeiden, wenn die kommunalen Erträge stabilisiert und die nicht steuerbaren kommunalen Aufwendungen reduziert werden.


Dem Landtag gegenüber hat sich der Städtetag zu dem Thema unter anderem wie folgt geäußert:

Der Entschuldungsfonds als "Schutzschirm" zum Schuldenabbau besonders Not leidender Kommunen ist ein gutes Signal der Landesregierung. Das Angebot zu diesem Schutzschirm folgt offensichtlich der Erkenntnis, dass die hessischen kommunalen Finanzen landauf landab im Argen liegen und diese massiven strukturellen Defizite nur mit einer so einschneidenden Maßnahme wie dem Entschuldungsfonds zu beheben sind.

Für Land und Kommunen wird es nicht leicht sein, die richtigen Kriterien zu erarbeiten, um die Mittel aus dem Entschuldungsfonds gerecht zu verteilen. Orientiert man sich an der "Bedürftigkeit" der Kommune, gelangt die Hilfe regelmäßig dorthin, wo sie am nötigsten ist. Sie begünstigt aber gleichermaßen Kommunen, die unverschuldet in Finanznot geraten sind und solche, die längst ihrer Notlage mit eigenen Maßnahmen hätten begegnen können. Auch drohen Kommunen, die hart und unpopulär ihrer Finanzkrise entgegen gewirkt haben, leer auszugehen.

Maßgeblich für den Erfolg des Entschuldungsfonds ist aber nicht nur die Zusage jeder einzelnen am Fonds partizipierenden Kommune, nunmehr alle Anstrengungen zu einer dauerhaften Konsolidierung zu ergreifen. Unumgänglich ist es, sofort mit der Beseitigung des strukturellen Defizits zu starten, also Erträge zu sichern und Aufgaben abzubauen. Bund und Land sind hier in der Pflicht.

Ministerpräsident Volker Bouffier zum Entschuldungsfonds – Rettungsschirm für die Kommunen 
Auszug aus der Regierungserklärung von Ministerpräsident Volker Bouffier am 7. September 2010 (Redemanuskript):

„…Dabei steht völlig außer Frage, dass das Land letztlich der Garant für die Kommunen ist. In dieser Verantwortung wollen wir jetzt einen neuen, ganz konkreten Beitrag für die Konsolidierung der kommunalen Haushalte leisten, der so in der Bundesrepublik sicherlich Beispiel gebend sein wird:
Wir bieten den hessischen Kommunen die Einrichtung eines kommunalen Schutzschirms an, um die Bekämpfung der Verschuldung unserer Kommunen gemeinsam angehen zu können.
Ich bin mir dabei bewusst, dass man in einer so vielfältigen kommunalen Landschaft wie in Hessen nicht von den Kommunen sprechen kann. Es liegt auf der Hand, dass die Verhältnisse in Frankfurt oder Bad Homburg völlig anders sind als z. B. in Offenbach oder vielen kleinen Gemeinden.   

Die hessischen Kommunen sind im Durchschnitt die steuerstärksten in ganz Deutschland. Allerdings verteilen sich diese Einnahmen höchst unterschiedlich.   Die strukturellen Unterschiede innerhalb der kommunalen Familie erfordern neue Maßnahmen: Die Landesregierung ist deshalb bereit, die Altschuldenproblematik gemeinsam mit den Kommunen anzugehen.

Als Land wollen wir einen eigenen Beitrag zur Bewältigung dieses Problems leisten. Wir bieten an, kommunale Verbindlichkeiten nach dem Bedürftigkeitsprinzip in einem Fonds zu bündeln und zur langfristigen Tilgung einen Betrag von bis zu drei Milliarden Euro aus Landesmitteln zu leisten. Mit dieser partiellen Schuldenübernahme wollen wir Not leidenden Städten, Gemeinden und Landkreisen spürbar helfen.   
Gleichzeitig werden wir Regeln dafür finden, wie wir die Zinslasten des Fonds gemeinsam tragen können.

Wir wollen bedarfsorientiert und zielgenau – nicht nach dem Gießkannenprinzip – helfen. Unsere Konsolidierungsangebote sind Hilfe zur Selbsthilfe. Sie sollen in Kombination mit eigenen Anstrengungen der betroffenen Kommune sicherstellen, dass die finanzielle Leistungsfähigkeit wieder dauerhaft gewährleistet ist.

Um es ganz konkret zu sagen: Wir wollen erreichen, dass Kommunen auch künftig noch z. B. Spielplätze, Sportanlagen und Schwimmbäder bauen und unterhalten können.
Wir wollen mit der kommunalen Seite einen Weg verabreden, nach welchen Kriterien wir den Zugang zu einem solchen Fonds ermöglichen und welche verbindlichen Konsolidierungsschritte die betreffenden Kommunen dabei gehen müssen.
Wir werden dabei darauf zu achten haben, dass wir einen Weg finden, bei dem wir diejenigen, die schon jetzt erhebliche eigene Anstrengungen unternommen haben, fair behandeln gegenüber jenen, die diese eigenen Anstrengungen nicht oder nicht ausreichend unternommen haben.

Dieser kommunale Schutzschirm ist ein Hilfsangebot, das jede einzelne Kommune annehmen kann, aber nicht muss. Auch der Landeswohlfahrtsverband als kommunale Einrichtung kann in diese Überlegungen mit einbezogen werden.
Wir streben bei diesen Gesprächen einen belastbaren Konsens an. Wir wollen niemandem etwas überstülpen, sondern gemeinsam mit den Betroffenen an der nachhaltigen Reduzierung der kommunalen Verschuldung… “arbeiten“.“   

Aktuelle Haltung des Finanzministeriums 
In der Anhörung der kommunalen Spitzenverbände zum Haushalt des Landes 2011 im Landtag hat Finanzminister Dr. Schäfer unterstrichen, dass er die wesentlichen Auswahlkriterien und Bedingungen für den von Ministerpräsident Bouffier angekündigten Entschuldungsfonds im Konsens mit den Kommunen finden will. Die kommunalen Spitzenverbände sollen zu einem nahen Termin zur Besprechung des Schutzschirms eingeladen werden.

Der Finanzminister hat zugesagt, den mit bis zu drei Milliarden Euro konzipierten Entschuldungsfonds aus originären Landesmitteln speisen zu wollen. 
Das Finanzministerium hat seine Vorstellungen publiziert. 

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